Besonders im Bereich moderner Smartphones hört man in den letzten Jahren immer häufiger vom Reverse Wireless Charging, dem „umgekehrten kabellosen Aufladen“. Dieser Begriff bezeichnet das bidirektionale Laden bei unseren mittlerweile nahezu unverzichtbaren mobilen Alltagsbegleitern.
Bidirektionales Laden bedeutet, dass ein Gerät, in diesem Fall etwa ein Smartphone, Strom nicht nur aufnehmen, sondern bei Bedarf auch wieder abgeben kann – der Strom wird in beide Richtungen, also bidirektional, geleitet. So können zum Beispiel Bluetooth-Kopfhörer in ihrem Ladecase kabellos und durch simples Auflegen geladen werden. Das Smartphone nimmt also nicht nur Energie auf und verbraucht diese selbst, sondern kann den gespeicherten Strom dank bidirektionalem Laden auch nutzen, um andere Geräte aufzuladen.
Diese Technik findet langsam, aber sicher auch in der Elektromobilität ihren Einsatz.
Vorweg: Zum jetzigen Zeitpunkt hat sich das bidirektionale Laden bei E-Autos aufgrund diverser Faktoren und der recht neuen Technik noch nicht durchgesetzt. Manches spricht allerdings dafür, dass sich dies in den nächsten Jahren, auch aufgrund der unsicheren Zukunftsaussichten des Energiemarktes, ändern könnte.
Das E-Auto als Powerbank und Energiespeicher: Auf die Stromart kommt es an
Wie wir bereits in unserem Beitrag zum Laden von Elektroautos an Ladestationen erläutert haben, funktionieren E-Autos beziehungsweise deren Akkus nur mit Gleichstrom (DC, Direct Current). Der Wechselstrom (AC, Alternating Current), der aus dem Stromnetz kommt, muss also zunächst in Gleichstrom umgewandelt werden, bevor der Akku eines Elektroautos diesen speichern kann. Wird die Energie anschließend nicht genutzt und verbraucht, bleibt sie im Akku gespeichert.
Beim bidirektionalen Laden wird nun genau diese im Akku eines Elektroautos gespeicherte Energie genutzt, um damit, nach der Rückwandlung von Gleich- zu Wechselstrom, zum Beispiel das eigene Haus samt Beleuchtung mit Strom zu versorgen. Das E-Auto wird damit also zu einer Art „mobilen Powerbank“ auf vier Rädern.
Die Möglichkeiten des bidirektionalen Ladens bei Elektroautos
Generell gibt es zwei unterschiedliche Methoden, die im Akku des Elektroautos gespeicherte Energie dank bidirektionalem Laden einzusetzen:
Vehicle-to-Home (V2H)
Bei der sogenannten Vehicle-to-Home-Variante („Fahrzeug-zu-Haushalt“) wird der im Akku gespeicherte Strom genutzt, um damit das Netz des eigenen Zuhauses zu versorgen. Der benötigte Wandler, welcher den Gleichstrom wieder in Wechselstrom umwandelt, befindet sich in den meisten Fällen bereits in der eigenen Wallbox oder Ladesäule. Idealerweise befinden sich am Haus zudem Anlagen zur nachhaltigen und umweltfreundlichen Energiegewinnung, etwa durch Solaranlagen auf dem Hausdach. Diese können das Haus und auch das E-Auto tagsüber beziehungsweise bei Sonnenlicht mit Energie versorgen, während der so im Elektroauto gespeicherte Strom bei Dunkelheit und nachts wiederum genutzt werden kann, um zum Beispiel die Haus- und Gartenbeleuchtung zu versorgen.
Vehicle-to-Grid (V2G)
Bei der Vehicle-to-Grid-Methode („Fahrzeug-zu-Stromnetz“) sollen möglichst viele moderne E-Autos, welche bidirektional laden können, in das allgemeine Stromnetz integriert werden. Die gespeicherte Energie zahlreicher Elektroauto-Akkus soll dabei in das Netz zurückgeführt werden, um etwa Störungen oder Spannungsschwankungen zu Hauptnutzungszeiten zu vermeiden und den gestiegenen Strombedarf zeitnah ausgleichen zu können. So können E-Autos in Zeiten mit einem generell niedrigeren Stromverbrauch geladen werden; anschließend können diese die Energie zu Tageszeiten, in denen wesentlich mehr Strom verbraucht wird, etwa abends, wieder ins Stromnetz zurückgeben.
Bidirektionales Laden bei E-Autos: Die technischen Voraussetzungen
Damit bidirektionales Laden bei Elektroautos überhaupt funktionieren kann, sind drei zentrale Aspekte absolut essenziell: Ein kompatibles E-Auto, eine angepasste Ladeinfrastruktur mit entsprechenden Ladesäulen und Wallboxen sowie eine einheitliche und alles miteinander verbindende Software.
Europäische E-Autos werden in der Regel über das standardisierte CCS-Steckersystem (Combined-Charging-System) in der sogenannten Combo-2-Variante aufgeladen. Hier ergibt sich in Hinblick auf das bidirektionale Laden ein Problem – der CCS-Standard verfügt dazu in den meisten Fällen nicht über die technische Möglichkeit, in beide Richtungen zu laden.
Dafür ist die in Asien weit verbreitete und übliche Schnittstelle, der CHAdeMO-Stecker („CHArge de MOve“), bereits von Beginn an auf das bidirektionale Laden ausgelegt. In dieser Hinsicht sind die asiatischen Hersteller von E-Autos, vor allem die japanischen und südkoreanischen, ihren westlichen Mitbewerbern bereits voraus.
Allerdings gibt es auch hier immer mehr Ausnahmen. So existieren immer mehr Modelle asiatischer Hersteller, die auch über den europäischen CCS-Standard bidirektional laden können. Außerdem forschen und entwickeln auch europäische Unternehmen momentan mit Hochdruck an der Technologie – die ersten E-Auto-Modelle, welche in beide Richtungen laden können, sollen noch 2022 und 2023 in die Produktion und den Verkauf gehen.
Auch die Ladeinfrastruktur beziehungsweise die jeweiligen Wallboxen und Ladesäulen müssen kompatibel sein, die korrekten Spannungen herstellen und Wechsel- in Gleichstrom und wieder zurück umwandeln können. Solche Ladestationen, die bidirektionales Laden ermöglichen, sind zwar verfügbar, allerdings noch recht kostspielig.
Neben der passenden Hardware in Form der Ladestationen muss auch die „Sprache“, also die Software, einheitlich und verständlich sein. Nur so kann der europäische CCS-Standard den großen Vorsprung seinen asiatischen Pendants (CHAdeMO) ausgleichen. All diese Aspekte sind notwendig, damit sich das Prinzip Elektroautos als Energiespeicher / mobile Powerbank auch in Deutschland und dem Rest von Europa in den kommenden Jahren etablieren kann.
Mit GrienGo und bidirektionalem Laden für eine bessere, flexiblere Elektromobilität
Auch wir von GrienGo begrüßen die Weiterentwicklung und Verbreitung des bidirektionalen Ladens bei europäischen Elektroautos sehr. Dazu gehört natürlich nicht nur der entsprechende Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland und Europa, sondern auch, dass die Politik, die Forschung und sämtliche Unternehmen, die mit der Elektromobilität in Zusammenhang stehen, zukünftig an einem Strang ziehen. Wir freuen uns über mehr Sicherheit und vor allem Flexibilität in Bezug auf das immer selbstverständlicher werdende Laden von E-Autos und ein Zurückgeben der gespeicherten Energie in private Haushalte und das allgemeine Stromnetz.
Fahren. Laden. Grienen. Mach es einfach.